Der seinen Mantel teilte

    Die Kirche St. Martin in Witterda ist ein Schmuckstück – mit opulenten Deckenmalereien, einem beeindruckenden, reich verzierten, barocken Hochaltar und einer besonders wertvollen Hesse-Orgel. Unzählige sehenswerte Details kann man in dem sakralen Bau entdecken. In erster Linie aber ist St. Martin die Heimstätte der katholischen Kirchengemeinde, die hier Gottesdienste und kirchliche Feste feiert.

    Turm und Schiff

    Vor 470 Jahren wurde der Turm erbaut – im Laufe dreier Jahre seit 1550. Das Kirchenschiff, das einen kleineren, baufälligen Vorgängerbau ersetzte, wurde 1710 geweiht – nach nur einem Jahr Bauzeit. Allerdings verzögerte sich der geplante Neubau, u.a. wegen des Dreißigjährigen Krieges und eines Großbrandes im Dorf, der 16 Wohnhäuser und 11 Scheunen vernichtete. Ab 1709 schließlich wurde die baufällige Kirche abgetragen und die neue errichtet. 
    Danach wurde die Innenausstattung in Angriff genommen – der Hochaltar datiert von 1713. Die Gemälde der Kirche erschuf Joseph Belloni vor nunmehr genau 300 Jahren. 
    In der Folge wurden mehrfach Umbauten und Neueinrichtungen vorgenommen. So zeigt ein historisches Bild, das seinen Platz im Pfarrhaus hat, dass die Empore einst wesentlich weiter in den Gebetsraum ragte, als es heute der Fall ist. Doch war mittig ein Ausschnitt angeordnet, der den Blick auf die Deckengemälde freigab, sobald man die Kirche betrat. Noch heute sind die aus dem Mauerwerk auskragenden Konsolen zu sehen, auf denen einst die Balken ruhten, die die Empore trugen. 

    Die Orgel

    Die besonders schöne, nach ihrer Restaurierung 2015 wieder sehr wohlklingende Hesse-Orgel, ersetzt seit 1847 das vorherige kleinere Instrument. Erkennbar ist dies u.a. daran, dass sie einen Teil eines der Deckengemälde verdeckt. (Weitere Infos zur Orgel hier.)

    Die Glocken

    Der altehrwürdige, 33 Meter hohe Kirchturm, beherbergt drei Glocken. Tatsächlich beherbergt er das Geläut nur, denn der Glockenstuhl – eine stabile Fachwerkkonstruktion – ist nicht mit dem Mauerwerk verbunden. So wird verhindert, dass die Schwingungen dem Bauwerk Risse zufügen. Die Glocken läuten täglich um 12 und um 18 Uhr für jeweils fünf Minuten. Zudem rufen sie zu den Gottesdiensten.

    Turmknopf und -spitze

    2018 hatte sich die Turmspitze nach Osten geneigt. Ein Sturmtief machte die Abnahme des Turmknopfes (das ist die goldene Kugel auf der Turmspitze, die das Kreuz trägt – zwingend erforderlich).
    Weil ein solcher Turmknopf schwer zugänglich ist, gilt er seit jeher als sicherer Aufbewahrungsort für historische Zeugnisse, die man an die Nachwelt überliefern will.  Bei Öffnung des Turmknopfes wurde offenbar, dass die hölzerne Turmspitze wegen eingedrungenen Wassers morsch war, so dass ihr Absturz drohte. Die Gelegenheit wurde genutzt, um den Turmknopf und die Kreuzenden neu zu vergolden und aktuelle Zeitdokumente zu hinterlegen.

    Der heilige Martin

    An einem kalten Wintertag des Jahres 334, so die Überlieferung, hat Martin, ein Gardeoffizier der Römischen Kavallerie, vor den Toren der Stadt Amiens einen frierenden Bettler gesehen. Kurzentschlossen habe er mit dem Schwert seinen Mantel geteilt und dem Bettler die Hälfte gereicht.
    In der Nacht erschien ihm der Bettler im Traum und gab sich als Jesus Christus zu erkennen.
    Nach diesem Erlebnis ließ sich Martin taufen und im christlichen Glauben unterrichten, späterhin wurde er für drei Jahrzehnte Bischof von Tours, das wie Amiens im heutigen Frankreich liegt. Martin soll zahlreiche Wunder vollbracht haben. Am 11. November 397 starb er. Er wurde schon zu Lebzeiten verehrt und gilt als erster Heiliger, der nicht den Märtyrertod fand. St. Martin ist Schutzpatron der Weber, der Winzer und der Schneider.